Wieder einmal klingelt der Wecker um 2 Uhr morgens. Mittlerweile springe ich da (fast) ohne große Probleme aus dem Bett, es ist schließlich Gewöhnungssache. Die Südwand des Hochkönig in den Berchtesgadener Alpen lädt einen mit ihrer beeindruckenden Größe zum Klettern ein. Die 1000 Meter hohe Wand bietet konditionsstarken, im alpinen Gelände erfahrenen Bergsteigern eine wunderschöne, eher einsame Kraxel- und Klettertour.
Hochkönig über Franzlweg – erste Eindrücke
Die Tour ist mit roten Punkten und Pfeilen relativ gut markiert, ebenfalls helfen Bohrhaken bei der Wegfindung – die schwereren Seillängen sind gut abgesichert. 1000 Höhenmeter sind kletternd zu bewältigen, die keinesfalls zu unterschätzen sind.
Zustieg
Kurz vor 6 Uhr starten wir unsere Tour auf den Hochkönig am Parkplatz Stegmoosalm und folgen dem Forstweg Richtung Stegmoosalm. Es sind ca. 650 Höhenmeter bis zum Einstieg zu bewältigen.
Bei der Beschilderung die Abzweigung rechts Richtung Birkkar folgen, bis auf ungefähr 1900 Meter Höhe ein Holzschild mit der Aufschrift „Jubiläumsweg/Franzlweg Kletterroute“ an einem großen Felsen erscheint.
Hier verlassen wir den Steig, biegen rechts ab und queren das Altschneefeld. Wir steigen zu einer hellen Felswand hoch. Hier ist der Einstieg mit einem Bohrhaken und einem Pfeil in ganz leichter roten Farbe markiert.
Wir klettern erst einmal über I-IIer Gelände hinauf und folgen dabei der roten Markierung. Wir entscheiden uns zunächst gegen die Seilsicherung und gehen die einfacheren Passagen seilfrei – dies spart ziemlich viel Zeit und Nerven. Der Fels ist überraschend gutgriffig und vorwiegend fest. Die erste Stelle III+ mit einem Zug über einen kleinen Felsaufschwung ist für größere Personen sicherlich weniger problematisch, als für kleinere.
Nun steigen wir weiter im genüsslichen Kraxelgelände, bis wir auf eine Rinne (III+) treffen, die bei uns nass ist. Nach kurzer Überlegung entscheiden wir uns dazu, ohne Seil weiterzusteigen – hier empfinde ich meine Größe (1,75m) wieder als Vorteil.
Das Seil packen wir aus, als wir bei der ersten Seillänge mit IV- ankommen – hier ziehen wir unsere Kletterschuhe an und klettern erst einmal die nächsten zwei Seillängen gesichert.
Der Stand der ersten Seillänge ist mit einem roten Punkt und Bohrhaken markiert. Die zweite Seillänge beinhaltet eine Stelle mit einem Felsabbruch (gelber Fels). Hiermit verfügt die Länge über eine Sicherung weniger und der Haken am Stand ist etwas verbogen – wir lassen uns davon aber eher weniger stören. Wir klettern rechts am Felsbruch vorbei und packen das Seil am nächsten Stand wieder ein, die Kletterschuhe behalten wir hauptsächlich aus Zeitgründen an.
Bald befinden wir uns im Gehgelände, das mir während der ganzen Tour am meisten Kopfschmerzen bereitet: ein relativ steiles, schuttiges Gelände, in dem man doppelt und dreifach auf seine Füße achten muss. Der Teil der Tour erwiest sich als der mental anstrengendste, forderndste Teil für mich.
Doch bald kommt genau das Gegenteil: bombenfeste Platten (III), die man super auf Reibung treten kann – das sind die letzten Meter, bevor wir uns wieder anseilen und uns die klettertechnisch schwersten zwei Seillängen vornehmen.
Der Stand ist wieder einmal gut markiert. Es geht erst einmal rechts um den Block hoch, dann in den etwas nassen Kamin (III+) – hier hängt ein Fixseil mit Sicherungsmöglichkeiten drin.
Vom nächsten Stand aus überwinden wir direkt eine IV+ Stelle (Rampe), die man entschärfen kann, in dem man sich an der eingehängten Expressschlinge hochzieht. Die schwerste Kletterstelle der Tour ist am Ende dieser Länge zu finden: eine Runde, glatte Rinne gilt zu überwinden – die Stelle kann man ebenfalls mithilfe einer Schlinge relativ gut vereinfachen.
Hier nehmen wir das Seil wieder auf und packen es auf den Rucksack – es sollte keine Stelle mehr kommen, die wir zu sichern brauchen. Außerdem wird es zunehmend windig und Wolken ziehen rein, von denen wir uns erst einmal erschrecken lassen. Doch sollte es laut Wetterbericht erstmal bis zum Abend hin nichts aus dem Himmel kommen.
Den roten Pfeilen folgend (immer hoch hinauf, ziemlich gerade), die nicht immer sofort zu finden sind, kommen wir über II-IIIer Gelände weiter und erblicken dabei bald das Matrashaus am Hauptgipfel – doch bleibt unser Gipfelkreuz noch versteckt.
Nach ein paar Klettermetern zeigt sich jedoch das Westgipfel und wir kommen nach 1000 gekletterten Höhenmetern überglücklich am Gipfelkreuz an. Traumhafte Ausblicke auf die restliche Übergossene Alm sowie auf das Watzmann-Massiv und die Reiter Alpe. Fun fact: der Gletscher da oben fließt nicht und verfügt daher über keine Spalten.
Nach einer kurzen Pause entscheiden wir uns, den Hauptgipfel ebenfalls einen Besuch abzustatten. Wir genießen unsere wohlverdiente Gipfeljause bei einem ziemlich eisigen Wind.
Bald machen wir uns auch schon an den Abstieg über das Birgkar. Der erweist sich eher als ein Muss als Genuss – der ist nämlich wirklich nicht zu unterschätzen! Es erfordert weiterhin vollste Konzentration und am sichersten ist man, wenn man seinen Helm anbehält, da der Abstiegsweg teilweise steinschlaggefährdet sein kann.
Fazit
Insgesamt eine traumhaft schöne Klettertour auf den Hochkönig, die vollste Konzentration über die ganze Zeit hinweg erfordert und die man nur gehen sollte, wenn man mit II-IIIer Gelände gut seilfrei zurecht kommt – die Sicherung der ganzen Route wäre zu zeitintensiv.
Falls ihr mehr von dieser Tour sehen wollt, findet ihr in meinem Story-Highlight „Hochkönig“ auf Instagram ein paar mehr Eindrücke. Und wenn ihr keine Tourenberichte mehr verpassen möchtet, könnt ihr euch hier für den Newsletter anmelden!
Ausgezeichneter Beitrag! Danke für die detaillierten Angaben der Schlüsselstellen
Vielen Dank für dein Feedback, freut mich sehr!